Alternative Medizin im Überblick: was sie kann und was nicht

17.02.2025 | Artikel

Von A wie Aromatherapie bis Z wie Zen-Mediation – einige Menschen schwören auf alternative Medizin, andere finden sie fragwürdig. Die oft als „natürlich“ beschriebenen Heilverfahren stehen der klasschischen Schulmedizin gegenüber. Einige Methoden können aber auch die herkömmliche Therapie begleiten.

Ob Kopfschmerzen, Zahnfleischbluten oder Heiserkeit – es gibt Menschen, die sind überzeugt: Dagegen ist bestimmt ein Kraut gewachsen. Sie setzen auf alternative Heilmittel. Tatsächlich muss man nicht mit jedem Wehwehchen gleich in die Ordination gehen oder Tabletten schlucken. Das gilt zum Beispiel für eine ganz normale Verkühlung mit Schnupfen, Husten und Heiserkeit.

Doch welche Rolle spielt alternative Medizin bei ernsteren Beschwerden oder chronischen Krankheiten? Wir schauen einmal genauer hin, was Alternativmedizin kann – und was nicht.

Was ist Alternativmedizin?

Alternative Medizin verfolgt häufig einen ganzheitlichen Ansatz und verwendet Heilmethoden, die sich teils über Jahrtausende bewährt haben. Oft kommen Verfahren aus der Naturheilkunde zur Anwendung, z. B. ayurvedische Heilpflanzen oder ätherische Öle in der Aromatherapie. Solche Methoden sollen die Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren oder für einen freien Energiefluss sorgen – Konzepte, die über die klassische Schulmedizin hinausgehen.

Natürlich und wirksam?

Manche Menschen schwören auf alternative Medizin und haben gute Erfahrungen damit gemacht. Aber sind die Mittel und Verfahren, die auch als „sanft“ oder „natürlich“ beschrieben werden, deshalb automatisch für alle wirksam und sicher? Das kann man so pauschal nicht sagen. Denn auch natürliche Stoffe können giftig wirken, Allergien auslösen oder zu Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln führen. Wir empfehlen, vor Behandlungen hausärztlichen Rat einzuholen.

Gut zu wissen: Bevor Medikamente in Österreich zugelassen werden, durchlaufen sie bestimmte Tests, um die Wirksamkeit und Sicherheit sicherzustellen. Bei Nahrungsergänzungsmitteln ist das beispielsweise nicht so. Und während klassische Therapien auf Basis von klinischen Studien nach wissenschaftlich anerkannten Standards angewandt werden, ist die Wirkungsweise von alternativen Methoden mitunter umstritten.

Alternative Medizin, Komplementärmedizin und integrative Medizin

Bestimmte alternative Heilverfahren sind inzwischen jedoch für einige Anwendungsgebiete anerkannt und können klassische Therapien ergänzen. Dann spricht man auch von Komplementärmedizin oder integrativer Medizin. Das gilt z. B. für Akupunktur. Die Nadelbehandlungen können beispielsweise eine Chemotherapie begleiten, um mögliche Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen bei Krebspatient_innen zu lindern.

10 bekannte Methoden in der alternativen Medizin

Es gibt viele Gründe, alternative Methoden in Anspruch zu nehmen. Eine allgemein offene Weltanschauung, die Neugier, mal etwas anderes auszuprobieren oder der Versuch, etwas zu finden, das lange bestehende Beschwerden endlich lindert – all das kann dazu beitragen, Ayurveda, TCM & Co. eine Chance zu geben.

1. Traditionelle chinesische Medizin (TCM)

Die jahrtausendealte Philosophie beruht auf den Gegensätzen von Yin und Yang – weiblich und männlich, kalt und warm, Ruhe und Bewegung. In der TCM wird der Mensch und dessen Lebensenergie Qi (sprich: Tschi) ganzheitlich betrachtet. Das Qi durchfließt den Körper entlang bestimmter Leitbahnen, den Meridianen. Es gibt zwölf Hauptmeridiane, die jeweils einem Yin- oder Yang-Organ zugeordnet sind, sowie acht außergewöhnliche Meridiane in der Körpermitte.

Um für einen harmonischen Fluss zu sorgen und Yin und Yang in Balance zu bringen, kombiniert die TCM verschiedene Methoden wie Akupunktur, Kräutermedizin, Tai-Chi und Qigong.

TCM bietet sich bei Stress, Verdauungsproblemen und chronischen Beschwerden an. Einige Verfahren, wie Akupunktur, sind wissenschaftlich anerkannt, während die Wirksamkeit anderer Methoden weniger gut belegt ist.

2. Akupunktur und Akupressur

Im Idealfall strömt das Qi ungehindert durch den Körper und versorgt die Organe mit Energie. Ist dieser Fluss gestört, treten nach TCM Beschwerden und Krankheiten auf. Mithilfe von Akupunktur und Akupressur sollen sich Blockaden an wichtigen Knotenpunkten lösen lassen. Diese Punkte verteilen sich über den gesamten Körper.

Bei der Akupunktur stimulieren feine Nadeln, die an bestimmten Stellen flach unter die Haut gepiekst werden, den Energiefluss. Wer keine Nadeln mag, kann die Knotenpunkte auch massieren lassen. Dann spricht man von Akupressur.

Vor allem bei Schmerzen, Stress und Migräne werden die Techniken angewandt. Laut S3-Leitlinie können Akupunktur und Akupressur komplementärmedizinisch auch in der Krebstherapie genutzt werden.

3. Ayurveda

Die traditionelle indische Heilkunst Ayurveda fußt auf dem Gedanken, dass die Welt aus 5 Elementen besteht: Äther oder Raum, Feuer, Wasser, Luft und Erde. Der Mensch ist Spiegelbild der Natur und besteht ebenfalls aus diesen 5 Elementen. Die individuelle Zusammensetzung bestimmt, welche Dosha zu einem Menschen passt. Man unterscheidet 3 Doshas: Vata, Pitta und Kapha. Jeder Typ bringt bestimmte körperliche und seelische Stärken und Schwächen mit sich.

Die verschiedenen ayurvedischen Anwendungen sollen Körper, Geist und Seele in Einklang bringen. Dabei kommen unter anderem Kräutermedizin und Ernährung, Massagen sowie Meditation zum Einsatz. Häufig wird Ayurveda zur Förderung der Verdauung und des mentalen Gleichgewichts genutzt. Während die Wirksamkeit einiger ayurvedischer Anwendungen wie Massagen gut untersucht ist, fehlen für andere Bereiche wie die Kräutermedizin umfangreiche Studien.

4. Homöopathie

Die Homöopathie setzt auf das Prinzip „Ähnliches mit Ähnlichem heilen“. Dabei werden stark verdünnte Substanzen verwendet, die beim gesunden Menschen ähnliche Symptome hervorrufen würden. Die Mittel sind als Zuckerkügelchen („Globuli“), Tropfen oder auch Salben erhältlich.

Homöopathie wird oft bei Allergien oder chronischen Beschwerden wie Heuschnupfen angewandt. Die Wirksamkeit ist umstritten und nicht wissenschaftlich bewiesen.

5. Lymphdrainage

Die Lymphdrainage gehört zur manuellen Therapie und soll den Abfluss von Lymphflüssigkeit im Gewebe anregen. Als komplementärmedizinische Anwendung kann die manuelle Lymphdrainage nach operativen Eingriffen oder bei geschwollenen Beinen (z. B. aufgrund von Lymphödemen oder Veneninsuffizienz) genutzt werden. Die Methode wird von Fachleuten ausgeführt und dient vor allem der Entstauung und Schmerzreduktion.

6. Osteopathie

Osteopath_innen versuchen Schmerzen, Verspannungen und Blockaden in Muskeln oder Gewebe zu lösen, indem sie die betroffenen Körperpartien gezielt dehnen, bewegen oder sanft massieren. Das kann die Beschwerden lindern und die Beweglichkeit verbessern.

Die Osteopathie hat sich komplementärmedizinisch vor allem bei der Behandlung von Verspannungen und chronischen Schmerzen bewährt. Osteopathische Methoden kommen aber auch zur Behandlung von Depressionen und anderen Erkrankungen zum Einsatz. Die Wirksamkeit lässt sich je nach Anwendungsgebiet nicht immer belegen.

7. Kinesiologie und Reiki

Sowohl Kinesiologie als auch Reiki sind energetische Ansätze in der alternativen Medizin. Mithilfe von Muskeltests (Biofeedback) wollen Kinesiolog_innen Blockaden aufspüren und durch gezielte Berührungen lösen können. Kinesiologie wird oft zur Stressreduktion oder zur Förderung des Wohlbefindens genutzt, hat aber keinen wissenschaftlichen Nachweis.

Reiki stammt aus Japan und auch hier sollen durch Auflegen der Hände und andere Berührungen Blockaden gelöst werden. Manche berichten von einem entspannten Gefühl nach einer Reiki-Sitzung, auch wenn die Wirkung wissenschaftlich nicht belegt ist.

8. Chiropraktik

Die Chiropraktik ist eine manuelle Behandlungsmethode, die sich auf den Bewegungsapparat konzentriert. Durch gezielte Handgriffe sollen Blockaden in Gelenken gelöst werden, um z. B. Rückenschmerzen zu lindern oder Migräne-Betroffenen zu helfen. In Österreich bieten Ärzt_innen und Physiotherapeut_innen mit spezieller Zusatzausbildung chiropraktische Leistungen an.

Die Wirksamkeit ist relativ gut untersucht. Machen Sie dennoch vorab einen Termin in Ihrer Hausordination aus, um eine chiropraktische Behandlung abzusprechen. Insbesondere für Schwangere und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen wie Arthrose bestehen Behandlungsrisiken.

9. Aromatherapie

Schnuppern Sie das? Ein Hauch von Zimt, Sternanis und Gewürznelken – und schon riecht es wohlig nach Weihnachten. Düfte haben einen direkten Draht zum limbischen System im Gehirn, wo unter anderem unsere Emotionen und Erinnerungen zu Hause sind. Deshalb können uns Düfte mit Wohlgefallen erfüllen oder gefühlt auf Zeitreise schicken.

Ätherische Öle, wie Lavendel- oder Eukalyptusöl, werden in der Aromatherapie verwendet, um Körper und Geist positiv zu beeinflussen. Ob als Raumduft, Badezusatz oder Massageöl – Aromatherapie kann die Entspannung fördern und die Stimmung heben. Wissenschaftliche Beweise für die Heilwirkung sind begrenzt, beispielsweise auf die Inhalation mit ätherischen Zusätzen bei Erkältungskrankheiten.

10. Ergotherapie

Ergotherapie verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und ist im Volksmund auch als „Beschäftigungstherapie“ bekannt. Ziel ist es, durch gezielte Übungen und Aktivitäten die Beweglichkeit, Kraft und Koordination zu fördern. Dabei geht es auch um Aspekte der mentalen Gesundheit.

Ergotherapeut_innen unterstützen Menschen dabei, ihre Selbstständigkeit und Lebensqualität zu verbessern – sei es nach einer Krankheit, bei Einschränkungen durch Behinderungen oder im Alter.

Warum immer mehr Menschen auf alternative Medizin setzen

Der Boom der alternativen Medizin hängt unter anderem mit einer gewissen Wissenschaftsskepsis in Österreich zusammen. Mehr als ein Drittel der Menschen verlässt sich hierzulande lieber auf den Hausverstand als auf wissenschaftliche Studien. Mehr als die Hälfte findet, der Einfluss von Politik auf Wissenschaft sei zu groß, wie das Wissenschaftsbarometer der Österreichischen Akademie der Wissenschaft (ÖAW) zeigt. Ein Misstrauen gegenüber den Mächtigen lässt sich laut Studien bei Befürworter_innen von Alternativmedizin beobachten.

Doch auch chronisch kranke Menschen finden Zuflucht in alternativen Ansätzen, wenn die Schulmedizin keine mögliche Therapie (mehr) bietet und die Betroffenen als austherapiert gelten.

Welche Risiken bringt die alternative Medizin mit sich?

Alternative Heilmethoden wie Homöopathie, Akupunktur oder Osteopathie gelten als sanfte Alternativen zur Schulmedizin. Die Hoffnung: Es gibt weniger Nebenwirkungen. Doch die gewünschte Wirkung ist nicht immer gesichert und Wechselwirkungen sind nicht ausgeschlossen. Positive Erfahrungen sind oft nur anekdotisch oder beruhen auf dem Placebo-Effekt, nicht unbedingt auf wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Kritisch wird es, wenn Menschen der alternativmedizinischen Behandlung so sehr vertrauen, dass sie auf notwendige Therapien verzichten. Während z. B. Akupunktur die Beschwerden von Krebspatient_innen lindern kann, ersetzt die Methode keine klassische Krebstherapie.

Alternative Medizin in Österreich

In Österreich bieten einige Ärzt_innen alternative Heilmethoden an. Diese erfordern spezielle Zusatzqualifikationen, wie das ÖÄK-Diplom für Akupunktur, das von der Österreichischen Ärztekammer vergeben wird.

Auch außerhalb der medizinischen Berufe gibt es Personen, die alternative Behandlungsmethoden anbieten – häufig im Bereich Wellness oder Gesundheitsförderung. Allerdings dürfen diese Anbieter_innen weder Diagnosen stellen noch Krankheiten therapieren. Beispiele hierfür sind Humanenergetiker_innen, Coaches oder Gesundheitspädagog_innen.

Ihr persönlicher Weg zu ganzheitlichem Wohlbefinden

Ob bewusst genießen, mehr bewegen oder einfach mal abschalten – Sie können einiges für mehr Wohlbefinden und Ihre persönliche Gesundheitsvorsorge tun. Alternative Ansätze können eine sinnvolle Ergänzung sein – solange sie bewusst und mit ärztlicher Absprache genutzt werden. Wichtig ist, immer kritisch zu hinterfragen, was hilft und was nicht.


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