Paul Ivić über vegetarische Ernährung – mit Rezept
21.10.2024 | Interview
Paul Ivić ist der einzige Koch Österreichs, der sich mit rein vegetarischer Küche einen Michelin-Stern erkocht hat. Mit uns spricht er über seine Inspirationsquellen und den Umgang mit Lebensmitteln. Außerdem gibt er praktische Tipps für alle, die mehr vegetarisch kochen möchten.
Lange Zeit sorgte der Schnitzeltag für großen Andrang in den österreichischen Kantinen. Doch ein aktueller IMAS-Report zeigt: Immer mehr Menschen in Österreich kochen selbst. Laut einer aktuellen Umfrage entscheiden sich 41 % der unter 29-Jährigen zeitweise für Essen ohne Fleisch. Der Oktober als Vegetarian Awareness Month möchte auch heuer wieder Appetit auf mehr pflanzliche Kost machen.
Wir haben uns mit Paul Ivić darüber unterhalten, wie es gelingt, Gemüse von der Beilage zum Hauptgericht zu erheben. Der gebürtige Tiroler mit kroatischen Wurzeln ist Spitzenkoch und Geschäftsführer des vegetarischen Restaurants TIAN in Wien und gehört weltweit zu einer Handvoll von Köchen, denen es gelungen ist, mit vegetarischen Gerichten einen Michelin-Stern zu ergattern – in Österreich ist er bisher der Einzige.
Dem Credo „Von der Wurzel bis zum Blatt“ folgend, will er stets die ganze Pflanze verarbeiten und nichts wegwerfen. Mit seinem neuen Buch Vegetarisch lädt er zum Nachkochen und Selbstkreieren ein und bringt dafür 300 köstliche Gerichte mit. Lassen Sie sich inspirieren!
Generali im Interview mit Paul Ivić: Rezepte, vegetarische Ernährung und vieles mehr
Frage: Wie bist du eigentlich zum Kochen gekommen? Ich habe gelesen, ursprünglich wolltest du Comic-Zeichner werden.
Hättest du mich vor 10 Jahren gefragt, hätte ich gesagt, ich bin zum Kochen aus Verlegenheit gekommen. Mit 14 Jahren wollte ich nicht weiter zur Schule gehen. Ich hatte keine Freude am Lernen.
Also habe ich mehrere Sachen ausprobiert. Und meine Schwester war dann der Grund, warum ich den Beruf Koch überhaupt in Erwägung gezogen habe, denn sie hat gemeint: „Als Koch kannst du kreativ sein, die Welt bereisen und Geld verdienen.“
Für mich war von Bedeutung: Ich kann unabhängig sein.
Paul Ivić, österreichischer Koch
Doch was es wirklich bedeutet, Koch zu sein, wusste ich noch nicht. Meine Mama hat mir viel mit auf den Weg gegeben, aber dass ich in die Gastronomie gehe, wollte sie eigentlich verhindern. Meine Eltern sind beide in der Gastronomie und wissen: Dort darf man sich niemals über die Arbeitszeit oder sonst was beschweren.
Wenn du mich heute fragst, warum ich Koch geworden bin, dann ist es eigentlich immer schon für mich bestimmt gewesen. Schon als Kind war mir Essen sehr wichtig. Mit 12 Jahren habe ich in der Schule gestreikt, also beim Essen, weil ich es als eine Kränkung für meine Kinderseele empfunden habe.
Als Kind hat es mich geradezu gestresst, wenn ich einmal nicht gewusst habe, wer mittags kochen wird. Familie und Kochen gehören zusammen. Essen war für mich immer sehr emotional: Ich wollte wichtig sein und dass sich jemand um mich kümmert – und das war bei meiner Mama immer der Fall.
Und dann gab es noch meine Großeltern in Kroatien. Ich war einfach begeistert von ihrem Hof. Sie waren zwar arm an Geld, aber sie waren reich an Lebensmitteln. Sie hatten einen eigenen Garten mit zig verschiedenen Nussbäumen, Feigenbäumen und Kirschbäumen. Das war ein richtiges Paradies für mich. Es gab auch Kühe und Hendln. Da hat man wirklich von Lebensmitteln sprechen können. Das war ein Ort, wo ich mich sehr wohlgefühlt habe, obwohl das mitten im Nirgendwo war.
Frage: Also Essen bedeutet für dich einerseits Versorgung, aber vor allem Leben?
Ja, absolut. So richtig bin ich darauf erst mit Anfang 30 gekommen, als ich wirklich krank war und nachgedacht habe: Was bedeutet Essen überhaupt für mich?
Essen leistet einen enorm wichtigen gesellschaftlichen Beitrag. Es ist nicht nur emotional, sondern vor allem wertvoll. Unser Ess- und Einkaufsverhalten hat einen großen Einfluss auf unsere Ökonomie und Ökologie, aber auch auf die Gesellschaft und unsere Gesundheit.
Nach wie vor treibt mich die Sehnsucht nach dem Geschmack meiner Kindheit an.
Paul Ivić, österreichischer Koch
Es geht darum, diesen wiederzufinden. Und das geht nur mit natürlichen Lebensmitteln, die in einem gesunden Boden gewachsen sind. „Natürlich“ heißt bei Tieren: Das müssen gesunde Tiere sein, die gut versorgt worden sind, wie bei meinem Opa. Wir haben die Kuh teils stundenlang gesucht, bis wir sie wieder heimgebracht, gemolken oder geschlachtet haben. Das war ein richtiges Ritual. In meinem Beruf spüre ich eine starke Verantwortung für diese Bereiche und auch das treibt mich an.
Frage: Gibt es bestimmte Zutaten, die dich seit deiner Kindheit bis heute begleiten, oder solche, die unterschätzt werden, aber für dich einfach mit dazugehören?
Generell wird Gemüse total unterschätzt. Viele wissen gar nicht, wie Gemüse schmecken kann. Das ist auch immer bemerkenswert, wenn mich Gäste nach dem „Geheimnis unseres Brokkolis“ fragen, wenn sie nach einer Geheimzutat fragen. Aber wir haben keine Geheimzutat außer Salz – und: Bauern und Bäuerinnen, die uns hervorragende Lebensmittel liefern.
Viele wissen, dass eine Tomate rot ist. Aber dass es auch andere Farben oder Farbkombinationen von Grün über Braun bis Gelb gibt, das wissen sie nicht. Jetzt hatten wir auch eine Gurke am Menüplan. Und die Leute waren begeistert. Sie hätten noch nie so eine Gurke gegessen. Ja, weil’s eine Feldgurke ist, die nicht im Glashaus gewachsen ist und nicht mit mineralischem Dünger hochgezüchtet worden.
Wir leben in einer Zeit, in der Essen bei vielen Menschen kaum einen Wert hat. Wichtig ist nur, dass man „voll“ ist. So kommt es auch, dass man sagt: „Ich habe keine Zeit zum Kochen.“ Aber du solltest es dir selbst wert sein, dass du für dich kochst. Natürlich, es gibt zeitintensive Jobs und mit Kindern hat man noch mehr zu tun. Aber das ist ja das Schöne, dass man mit einem guten Essen einmal kurz einen Moment gemeinsam oder für sich selbst hat.
Frage: Jetzt haben wir schon viel über Gemüse gesprochen, aber vorher auch über Kühe. Wie kam es schließlich zu der Einschränkung „vegetarische Küche“? In der Lehre von Köch_innen ändert sich auch gerade viel. Lange Zeit war das Kochen mit Fleisch ein verpflichtender Teil der Ausbildung.
Ich habe vegetarische Küche nie als Einschränkung empfunden, sondern im Gegenteil: Hier eröffnet sich ein riesiges Meer/Mehr und ich kann auf Entdeckungsreise gehen. Selbst nach so vielen Jahren ist das für mich überhaupt nicht langweilig. Ich glaube, ich habe etwa ¼ von dem entdeckt, was machbar ist.
Aber warum ich vegetarisch koche – das geht wahrscheinlich auf eine Aussage von meinem Arzt zurück: „Wenn du so weitermachst, sehe ich dich spätestens in 3 Monaten auf meinem OP-Tisch.“ Dann habe ich auf Anraten meiner Mentorin die nächsten 8 Monate nur vegetarisch gegessen und habe gemerkt, dass ich langsam wieder zu Kräften komme.
Aber mir hat immer noch die seelische Verbindung gefehlt. Denn ich habe nicht viel Sinn in dem gefunden, was ich getan habe.
Paul Ivić, österreichischer Koch
Man könnte sagen, bis dahin habe ich meine Gäste ganz legal vergiftet. Also ich habe tonnenweise Fleisch aus der Massentierhaltung eingekauft und verarbeitet, also Fleisch von Tieren, die mit Antibiotika und so weiter vollgepumpt waren.
Als ich krank geworden bin, habe ich über vieles nachgedacht. Aber was mich dann zurückgeholt hat, also dass ich in meinem Beruf wieder eine Berufung finde, war folgendes Erlebnis: Ich bin an einem Samstagmorgen auf den Bauernmarkt gegangen, weil ich Hunger hatte und einfach schnell ein paar Eier kaufen wollte. Also bin ich hin zu einer Bäuerin und dann beginnt sie zu erzählen: Ihren Mitarbeiterinnen gehe es so gut. Die hätten super Futter, so viel Auslauf … Ich denke nur bei mir: ‚Mah, jetzt komme zum Punkt. Ich brauche ja nur Eier.‘ Da nimmt sie mir die Eier wieder weg und sagt, sie verkaufe diese Eier nur an Menschen, die Lebensmittel und ihre Mitarbeiterinnen wertschätzen.
Nach langem Hin und Her habe ich die Eier bekommen. Und in dem Moment, als ich das Rührei probiert habe, hatte ich einen Flashback. Vielleicht kennst du das: so ein Geschmack, so ein Geruch! Ich war wieder 5 Jahre alt und bin den Hühnern von meinem Opa nachgelaufen. Und da habe ich realisiert, welche Verantwortung ich mit meinem Beruf habe und wie wichtig Ernährung ist.
Das heißt nicht, dass man sich ausschließlich vegetarisch oder vegan ernähren muss, sondern dass man wieder darüber nachdenkt, woher unsere Lebensmittel kommen und wie sie produziert werden. Bis heute ist es mein Antrieb. Aber es ist nicht so, dass ich jetzt mit erhobenem Zeigefinger durch die Welt gehe. Das muss schon jede_r selbst entscheiden.
Als dann Christian Halper jemanden für ein vegetarisches Restaurant in Wien gesucht hat, hat mich das begeistert. Ich wollte dabei sein und aufzeigen, wie spannend Gemüse sein kann. Ich dachte, das würde viel einfacher sein. Ich habe nie mit den ganzen Widerständen gerechnet. Wir wollten eine Möglichkeit aufzeigen. Uns war wichtig, dass wir die Natur auf den Teller bringen. Das heißt TIAN ja eigentlich [Anmerkung: chinesisch: „tián“, wörtlich: „Feld“].
Ich möchte die Menschen wieder mit der Natur verbinden.
Paul Ivić, österreichischer Koch
Es gibt unzählige Studien, die belegen, dass eine gesündere Ernährung einen positiven Effekt auf Körper und Geist hat. Viele Menschen haben Angst vor dieser Veränderung. Ich finde so eine Veränderung total spannend. Dabei kann man auch Schritt für Schritt vorgehen und so merkt man langsam, wie es einem besser geht.
Frage: Ende September ist dein neues Buch Vegetarisch erschienen. Gibt es ein vegetarisches Rezept, das du vorstellen möchtest, oder eines, von dem du sagen würdest: Das ist mein Lieblingsrezept?
Na ja, die sind alle toll. Wirklich. Mir war wichtig, dass wir einen guten Mix haben – für den Einstieg und auch für Menschen, die bereits geübt sind in der Küche. Der Sinn von diesem Buch ist eigentlich: Eines meiner Rezepte soll so lange ein Wegbegleiter sein, bis es durch Abwandlungen zu einem neuen Rezept wird.
Und wenn du dann denkst: Diese oder jene Zutat passt besser, als das, was ich in meinem Rezept nenne, dann habe ich schon gewonnen. Oder wenn du sagst: „Na, hiervon etwas mehr oder weniger.“ Super! Dann hast du selbst etwas kreiert. Das möchte ich. So kann ich mit meinem Buch hoffentlich auch Menschen die Angst nehmen.
Man muss nur offen und neugierig sein – keine Angst vor Fehlern haben. Ich sage immer: „Wer die meisten Umwege geht, hat die beste Ortskenntnis.“ Es geht nicht um Richtig oder Falsch, sondern darum, Erfahrungen zu machen. Genau das ist eigentlich mein Ziel, dass sich Menschen wieder mit Lebensmitteln befassen. Mein Buch versteht sich dabei als Stütze. Man probiert etwas aus, kocht es ein paar Mal nach und gewinnt den Mut, bis man schließlich sagt: „Ich mache es besser als der Paul Ivić.“ Dann ist’s super.
Frage: Nochmal zurück zum Thema „Lass es zu deinem Rezept werden“. Wie geht das mit der traditionellen Rindsroulade zusammen? Hast du für das Kochbuch auch solche Traditionsgerichte vegetarisiert? Und wie passt Kochen in den engen Stundenplan von Studium und Ausbildung?
Ich habe nichts vegetarisiert. Aber es gibt auch in dem Buch Rouladen, z. B. Kohlrouladen, die sensationell schmecken. Wer Rindsroulade mag und dabei ein Heimatgefühl bekommt, kann doch einfach weiter die Rindsroulade machen. Aber es gibt natürlich auch Alternativen.
Und 18- bis 30-Jährige, die sagen, ihr Stundenplan sei zu vollgepackt zum Kochen, sollten sich fragen, ob sie genug Selbstwert haben. Denn die Ernährung und was man für sich macht, hat einen starken Einfluss auf den Weg, den man geht.
Wenn du einen stressigen Job oder ein stressiges Studium hast, dann ist es entscheidend, was du zu dir nimmst und wie du es zu dir nimmst.
Paul Ivić, österreichischer Koch
Wenn du es nur gestresst in dich hineinlöffelst, verstärkt das den Stress. Wenn du dir aber 20 oder 30 Minuten Zeit nimmst, um etwas Gesundes zu dir zu nehmen, kräftigst du dich.
Ich kann aus Erfahrung sagen: Ich hatte dieses Selbstwertgefühl nicht. Deshalb habe ich die Tiefkühlpizza aufgetaut und gegessen. Ich hatte mit 23 Jahren ein Burn-out – und das ist kein Spaß. Heute habe ich lange Arbeitstage. Aber ich schaffe es trotzdem, dass ich mir 1 Stunde Zeit für mich nehme, weil ich es mir wert bin, dass ich mir etwas zuführe, das mir guttut. Nur so kann ich im Endeffekt mit dem Stress umgehen und fit bleiben. Selbst wenn ich mir nur Kartoffeln mit Leinöl koche, habe ich eine vollwertige Mahlzeit – bei einer Vorbereitungszeit von vielleicht 15 Minuten.
Frage: Wenn Essen für mich diesen Wert bekommt, möchte ich es ja auch nicht wegwerfen. Welche Tipps hast du für die Zero-Waste-Küche?
Ich bin ein Freund vom Vorkochen und Einfrieren. Und wenn dann mal ein Tag kommt, an dem nichts nach Plan läuft, hast du etwas, das in 5 Minuten fertig und richtig gut ist. Vorkochen bedeutet meistens auch nur 10 Minuten länger arbeiten. Dafür hast du dann aber gleich viel mehr, das du später verwenden kannst.
Wenn wir Bio kaufen, pflegen wir auch die Landschaft, in der wir leben. Das ist Landschaftserhaltung und nachhaltig. Und Nachhaltigkeit ist kein Verzicht – weil man das immer wieder hört. Das stimmt nicht. Es ist eine Verbesserung für uns alle, also sicher kein Verzicht.
Frage: Wie stehst du zu Lebensmitteln mit Schönheitsfehlern? Viele Menschen sind die schöne A-Ware aus dem Supermarkt gewohnt.
Na ja, da kauft man nicht nach Geschmack, sondern nach Optik. Das funktioniert ja nicht.
Das ist wie beim Menschen. Die inneren Werte zählen.
Paul Ivić, österreichischer Koch
Ich finde Bio-Lebensmittel total wichtig. Man nehme z. B. einen Apfel, der gespritzt wurde. Das Pflanzengift bekommt man auch mit einem langen Bad in Natronlauge nicht weg. Man würde das mitessen und das schadet dem Mikrobiom, genau wie Konservierungsstoffe usw. Hochwertige Lebensmittel zu kaufen, ist langfristig die günstigste Variante.
Und ich weiß, wie das ist, wenn man kein Geld hat. Ich war auch mal jung. Ich hatte Schulden. Ich finde, man muss einfach aufhören, Dinge wegzuwerfen. Vor allem die junge Generation hat vielfach nicht das Bewusstsein, was wirklich Lebensmittel sind. Ein Beispiel: Ein billiges Brot um 1 Euro oder 50 Cent landet schnell im Müll. Das ist mir selbst auch schon passiert. Seitdem ich einen Brotlaib um 7 Euro kaufe, was natürlich echt viel Geld ist, verwerte ich aber auch das ganze Brot. Bevor es trocken wird, schneide ich noch Knödelwürfel ab. Später kann ich’s mahlen oder ich mache einen Scheiterhaufen daraus oder eine Suppe damit. So lässt sich wirklich Geld sparen: wenn man hochwertige Lebensmittel einkauft und diese restlos verarbeitet.
Dann gibt es noch das Mindesthaltbarkeitsdatum. Das dient zur Absicherung der Produzent_innen. Das heißt, wenn das MHD abgelaufen ist, ist das Produkt nicht per se schlecht. Man macht das Joghurt auf, riecht dran, schmeckt und kommt drauf, dass es manchmal noch 3 Wochen darüber in Ordnung ist.
Resteverwertung ist ja auch total lässig. Wenn du den Kühlschrank aufmachst und da liegt eine Karotte drin, wirst du damit allein wenig anfangen. Aber wenn du zu kombinieren anfängst, dann kann daraus ein super Gericht werden. Man sollte sich immer fragen, bevor man etwas wegschmeißt, wie viel Euro das sind. Würde ich das tatsächlich wegwerfen? Außerdem mag ich Resteverwertung total gerne, weil es meine Kreativität anregt.
Frage: Wie sieht das im Alltag aus? Welche Rolle spielt Ernährung für dich – auch als Geschäftsführer eines Restaurants?
Ernährung macht irrsinnig viel aus. In meinem vorherigen Betrieb hatten wir 21 bis 25 Fehltage pro Mitarbeiter_in. Im TIAN sind’s im Schnitt 5 bis 7 Fehltage. Was machen wir anders? Mir ist wichtig, dass die Mitarbeiter_innen die gleiche Qualität wie die Gäste genießen. Jeden Tag kochen wir ein vegetarisches 3-Gänge-Menü mit einem Dessert. Das ist kostenlos für alle Mitarbeiter_innen. Ich spare dadurch aber enorm. Und ich habe 15 Fehltage weniger. Man sieht: Gutes Essen fördert auch die Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft. Es hat aber ein Umdenken erfordert. Ich musste einige im Team erst dazu bringen, dass sie sich diese 30 Minuten Zeit nehmen und sich hinsetzen.
Frage: Bevor wir langsam zum Schluss kommen, was denkst du: Wie kann man mit Ernährung die Zukunft gestalten?
Ich bin der Überzeugung, dass man mit guter Ernährung eine lebenswerte Zukunft gestalten kann. Und wenn es nach mir geht, sollte man dabei das Wort „Verzicht“ komplett streichen. Man muss die Option haben.
Und das Interessante ist, also beim Schnitzel: Wenn das mal nicht so gut war, isst man es trotzdem wieder. Wenn aber ein vegetarisches Gericht nicht gut war, dann ist die Reaktion eher: „Ich habe gewusst, vegetarisches Essen kann nicht gut schmecken.“ Man gibt also ungesundem Essen – aus Gewohnheit – immer wieder eine Chance, aber probiert zu wenig gesunde Optionen.
Wer das ändern möchte, kann direkt mit den Kohlrouladen von Paul Ivić loslegen. Das Rezept stammt aus dem Buch Vegetarisch, das Ende September im DK Verlag erschienen ist.
Gefüllte Chinakohlroulade – Rezept von Paul Ivić
Zutaten für die Füllung:
150 g dunkles Bauernbrot
2 EL Haselnusskerne
4 EL Sonnenblumenöl
1 TL Kümmelsamen
200 g Chinakohl
5 Stängel Kerbel
500 g Ricotta
200 g Ziegenfrischkäse
Zutaten für den Chinakohl-Pilz-Fond:
äußere Blätter und Strunk eines Chinakohls
100 g Champignons
4 EL Sonnenblumenöl
Zutaten für die Rouladen:
16 Blätter Chinakohl
4 EL Sonnenblumenöl plus mehr für die Form
400 ml Chinakohl-Pilz-Fond
250 g Champignons
20 g kalte Butter
3 EL Haselnussöl
Für die Füllung: Das Brot in kleine Würfel schneiden, die Haselnüsse grob hacken.
Das Öl in einer Pfanne erhitzen und Kümmel, Brotwürfel und Nüsse darin anrösten. Herausheben und auf Küchenpapier abtropfen lassen.
Chinakohl und Kerbel fein schneiden. Mit den restlichen Zutaten für die Füllung gut mischen und mit Salz sowie Pfeffer abschmecken.
Für den Fond: Die Blätter und den Strunk des Chinakohls klein schneiden, Champignons vierteln und alles zusammen in dem Sonnenblumenöl anbraten. Salzen und 750 ml Wasser aufgießen. Aufkochen lassen und köchelnd auf 400 ml reduzieren, dann abgießen.
Für die Rouladen: Die Chinakohlblätter portionsweise in Salzwasser blanchieren, danach kalt abschrecken und gut trocken tupfen.
Den Backofen auf 160 °C vorheizen. Eine Auflaufform mit etwas Öl ausstreichen und die blanchierten Kohlblätter flach auf der Arbeitsfläche auslegen. Je 2–3 EL Füllung darauf verteilen, die Seiten einschlagen, dann die Blätter straff um die Füllung einrollen.
Die Rouladen in die Auflaufform legen und mit 250 ml Fond übergießen, sodass sie zur Hälfte bedeckt sind. Im Ofen 15–20 Minuten garen, dann herausnehmen.
Die Champignons säubern und in feine Scheiben schneiden.
4 EL Sonnenblumenöl in einer Pfanne erhitzen und die Champignons darin kurz anbraten. Mit Salz und Pfeffer würzen. Den restlichen Fond angießen und einige Minuten reduzieren lassen. Anschließend vom Herd nehmen.
Die Butter würfeln und mit 3 EL Haselnussöl mit dem Schneebesen in die nicht mehr kochende Sauce einrühren, sodass sie eine Bindung bekommt und glänzt.
Die gefüllten Kohlrouladen mit der Pilzsauce anrichten und mit 1 EL Haselnussöl beträufeln.
Dazu passen „Smashed“ Kartoffeln, gekochte Kartoffeln, Kartoffelrösti sowie Reis und Polenta.