Stylisch und nachhaltig: Kleidung durch Upcycling aufwerten

16.10.2024 | Artikel

Omas selbstgemachte Strickjacke, Mamas Volantbluse aus den 70ern und Papas alte Jeansjacke passen nicht mehr. Aber haben die Teile deshalb gleich ausgedient? Nein. Erfahren Sie, wie Sie alte und gebrauchte Kleidung durch Upcycling aufwerten können – für einen neuen modischen Look und einen schlanken CO₂-Fußabdruck.

Sie sind echte Unikate, schonen die Umwelt und kosten keine Unsummen: Flohmarktfunde und Vintage-Schätze. Statt in die Fast-Fashion-Falle zu tappen, können Sie es mit Secondhand- oder Vintage-Mode langsam und nachhaltig angehen lassen. Laut einer aktuellen Umfrage des Handelsverbands gibt jede 2. Person in Österreich bereits bestimmten Produkten wie Büchern, Spielen und vor allem Kleidung, eine 2. Chance. Dabei geht es nicht nur um Nachhaltigkeit oder Preisbewusstsein, sondern auch darum, die eigene Individualität auszuleben. 

Getreu dem Motto „aus alt mach neu“ feiern wir deshalb mit diesem Beitrag den internationalen Tag für Reparatur, der heuer auf den 19. Oktober fällt. Erfahren Sie, wie Sie ungeliebte Teile mit einfachen Handgriffen in echte Lieblingsstücke verwandeln und gebrauchter Kleidung durch Upcycling neues Leben einhauchen.

Was ist nachhaltiger: Recycling oder Upcycling von Kleidung?

So sieht es in vielen Kleiderkästen in Österreich aus: Traurig lässt Mamas Bluse die Volants hängen, Papas Jeansjacke hat auch schon spannendere Zeiten erlebt und es ist lange her, dass sich jemand in Omas Strickjacke gekuschelt hat. Tatsächlich werden rund 25 % der Kleidung nur gelegentlich aus dem Kasten geholt, 15 % sehr selten und 12 % nie. So kommt es, dass in Österreich eigentlich bloß die Hälfte des Gewands regelmäßig bis häufig getragen wird, wie eine Umfrage im Auftrag der Arbeiterkammer Wien und Greenpeace ergeben hat. 

Der Grund dafür ist unter anderem Fast Fashion. Fast jede Woche bringen Modekonzerne neue Kollektionen auf den Markt. Durch neue Trends zu Aktionspreisen werden Menschen dazu verleitet, zuzugreifen. Für jeden Kauf winken obendrein oftmals Treuepunkte, damit der nächste Einkauf noch günstiger wird – ein Teufelskreis, der durch Online-Shopping noch einmal beschleunigt wird. Im bequemen Schnäppchentaumel kaufen viele Menschen vom Sofa aus mehr, als sie jemals tragen werden.

Wo Recycling an seine Grenzen kommt   

Lässt sich dieses System durch Kreislaufwirtschaft unterbrechen? Ist das Recycling von gebrauchter Kleidung vielleicht die Antwort? Nicht wirklich. Denn auch wenn Gewand recycelt wird, verbraucht der Prozess Energie. Außerdem lassen sich einige Fasern nur durch aufwendige Verfahren wieder in ihre Bestandteile zerlegen. Obwohl immer mehr Bekleidungshersteller ausgedientes Gewand zurücknehmen oder Reste aus der Produktion recyceln, ist echtes Faser-zu-Faser-Recycling eher die Ausnahme. 

Das Problem: Die meisten Teile bestehen aus Mischfasern und sind mit Reißverschlüssen oder anderen Applikationen versehen. Kurzum: Sie sind nicht sortenrein. Eine Trennung wäre aufwendig und teuer. So werden viele Altkleider und Stoffreste nicht wirklich recycelt, sondern downgecycelt: zu einfachen Dämm- und Füllstoffen oder Putzfetzen. 

Aus alt mach neu: Kleidung selbst aufwerten durch Upcycling

Genau hier setzt Upcycling von Kleidung an. Durch kleine persönliche Akzente entsteht aus etwas Altem etwas Neues. Und: Jedes upgecycelte Kleidungsstück ersetzt den Kauf eines neuen. Das spart Geld und wertvolle Ressourcen. Im Folgenden stellen wir ein paar Ideen zum Selbermachen vor – geeignet für alle mit oder ohne Nähkenntnisse. Lassen Sie sich inspirieren!

Vintage-Mode wiederbeleben – ohne Nähen

Statt die alte Bluse einfach hängen zu lassen, wird daraus ein preloved Piece mit Charme. Auch Omas Strickjacke ist zu schade für die Altkleidersammlung – und für die Tonne sowieso. Dafür steckt zu viel Liebe in den Maschen. Mit kleinen Anpassungen und ein paar kreativen Ideen ist das der Stoff, aus dem etwas Tolles entstehen kann. Das gilt natürlich auch für Papas Jeansjacke.

Dazu brauchen Sie nicht viel – vielleicht nicht einmal handwerkliches Geschick! Oft reicht es, die Teile einfach anders zu tragen oder zu stylen. Kleine Tücher können Sie zum Beispiel als Haarband verwenden, größere zu einem Top binden.

Greifen Sie zu schönen Accessoires wie einem breiten Gürtel und schon wird Omas Strickjacke modisch in Form gebracht. Die Volant-Bluse von der Mama wird durch Layering mit einer darüber getragenen Corsage zu einem figurbetonten Hingucker – Boho-Vibes inklusive. Und Papas alte Jeansjacke wirkt mit einem aufgemalten Motiv auf der Rückseite sofort lebendiger – Textilfarben machen’s möglich.

Kleidung reparieren – 3 Ideen

Gebrauchte Kleidung hat nach einigen Tragejahren oder -jahrzehnten schon einmal den einen oder anderen Schönheitsfehler. Bei Vintage-Mode ist vielleicht das Muster wieder angesagt, aber der Schnitt aus der Zeit gefallen. Mit ein bisschen Fingerspitzengefühl passen die Teile wieder zu Ihnen – und zu den aktuellen Trends.

1. Nähen für Anfänger_innen: kürzen und neue Knöpfe

Stellen Sie sich vor, Sie haben im Secondhand-Laden ein tolles Kleid mit floralem Muster entdeckt, doch die Länge stimmt nicht. Oder in einer Truhe auf dem Dachboden haben Sie ein schönes Hemd entdeckt, doch ein Knopf fehlt. 

Dann können Sie entweder den einen Knopf ersetzen oder alle Knöpfe gegen neue austauschen. Und das Kleid lässt sich auf Midi- oder Mini-Länge kürzen. Also ran an Nähmaschine und Nähkästchen! Auch für Anfänger_innen in Sachen Nähen gibt es eine Lösung: Wer noch nie mit der Nähmaschine gearbeitet hat, kann sich in einem Reparaturcafé, Nähgeschäft oder bei den Eltern oder Großeltern Rat holen.

So geht’s:

  • Neue Länge anzeichnen: Drehen Sie das Kleid auf links und schnappen Sie sich Schneiderkreide. Damit ziehen Sie eine gerade Linie entlang der gewünschten Länge. 2,5 cm darunter zeichnen Sie eine weitere Linie an. Diese Markierung dient als Nahtzugabe für den Saum.

  • Kleid zuschneiden: Schneiden Sie das Kleid entlang der unteren Linie ab. Falten Sie den Stoff nach innen, sodass der abgeschnittene Rand innen auf der ersten Kreidelinie liegt. Fixieren Sie alles mit Stecknadeln.

  • Saum nähen: Wer bügelfeste Stecknadeln hat, kann einfach direkt darüber bügeln. Eine glatte Kante erleichtert das Nähen. Mit der Nähmaschine nähen Sie dann den Saum. Achten Sie darauf, dass der Faden durch beide Stofflagen geht.

Tipp: Nach dem gleichen Prinzip lassen sich auch Hosen kürzen. Um Jeans umzunähen, verwenden Sie am besten stabile Jeans-Nadeln, die leichter durch feste und dicke Stoffe gehen. 

2. Löcher in Jeans flicken

Bei alten Jeanshosen können Sie den Used- oder Destroyed-Look selbstbewusst tragen. Wenn Ihnen die Löcher nicht gefallen oder wenn sie an unvorteilhaften Stellen auftreten, hilft ein Flicken, der von innen angebracht wird.

So geht’s:

  • Flicken auswählen: Selbst ganz zerrissene Jeans sollten Sie nicht wegwerfen. Sie können immer noch als „Ersatzteillager“ für Flicken dienen. Wählen Sie ein passendes Stück für das Loch aus.

  • Flicken aufnähen: Drehen Sie die zu reparierende Jeans auf links und fixieren Sie den Flicken mit Stecknadeln, bevor Sie beide Teile mithilfe der Nähmaschine verbinden.

  • Riss vernähen: Drehen Sie die Jeans auf rechts und wechseln Sie bei der Nähmaschine auf Zickzackstich, um den Riss vorne zu schließen. 

Tipp: Ist die Hose im Schritt so weit aufgerissen, dass sie eigentlich nicht mehr zu retten scheint, können Sie daraus immer noch eine modische Umhängetasche machen. Einfach die Beine abschneiden, die Hose im Schritt weiter aufschneiden und ein Stück Stoff von einem Bein als Taschenboden einnähen. Zum Schluss noch einen Taschengurt an 2 Gürtelschlaufen anbringen – und fertig.

3. Reißverschluss reparieren

Auf und wieder zu! Nach unzähligen Einsätzen gibt auch der beste Reißverschluss irgendwann den Geist auf – die Zähne leiern aus oder brechen ab. Bei einem Kunststoffreißverschluss hilft dann oft nur eins: austauschen.

So geht’s:

  • Nähte auftrennen: Die meisten Reißverschlüsse sind einfach aufgenäht. Manchmal werden die Kanten noch umsäumt. Trennen Sie im ersten Schritt alle Nähte um den Reißverschluss auf.

  • Neuen Reißverschluss kaufen: Messen Sie die Länge des alten Reißverschlusses aus und besorgen Sie einen passenden Ersatz.

  • Reißverschluss annähen: Stecken Sie den neuen Reißverschluss zu beiden Seiten mit Stecknadeln fest. Sie können dieselbe Stichkante verwenden. Nähen Sie ihn mit einem Geradstich an.

Tipp: Die Zähne von Metallreißverschlüssen lassen sich mit einer kleinen Zange und etwas Fingerspitzengefühl oft wieder zurechtbiegen. Sitzt der Schlitten locker, hilft auch hier die Zange: einfach vorsichtig zusammendrücken. Wer den Zipper abgebrochen oder verloren hat, kann einfach einen Ersatzverschluss einhängen.

Visible Mending: Gebrauchte Kleidung mit Charakter

Während ein Flicken in der Regel von innen aufgenäht wird und damit unsichtbar bleibt, wird der Aufnäher beim Visible Mending bewusst außen auf das Loch gesetzt. Im Gegensatz zur herkömmlichen Reparatur, die Materialfehler und andere Makel beseitigen soll, geht es beim DIY-Trend Visible Mending also darum, kleine Schönheitsfehler bewusst zur Schau zu stellen.

Noch auffälliger, aber auch aufwendiger wird es mit verschiedenen Stopftechniken – von Swiss Darning (mit Maschenstich) über Scotch Darning (mit Schling- oder Festonstich) bis hin zum Webstopfen (mit versetzten Fäden). Welche Technik – und Optik – zur Anwendung kommt, variiert von Loch zu Loch.

Mit etwas Erfahrung können Sie sich von der Größe und Form des Lochs inspirieren lassen. Vielleicht möchten Sie die Ränder später sogar noch mit Stickereien verzieren. Im Kreise Ihrer Lieben gibt es bestimmt jemanden, der oder die Ihnen zeigen kann, wie Sticken geht.

Schon gewusst? Die Idee des Visible Mending ist nicht neu. Kintsugi ist eine jahrhundertealte Tradition aus Japan, die so viel bedeutet wie „Reparieren mit Gold“. Dabei klebt man zerbrochene Tassen und Teller vorsichtig wieder zusammen und veredelt die einstigen Bruchkanten mit schimmerndem Silber oder Gold.

Gemeinsam die Zukunft gestalten – einzigartig und nachhaltig

Das Upcycling von Kleidung verlängert nicht nur die Lebensdauer von Gewand, sondern bringt Menschen zusammen und lässt auch alte (Familien-)Traditionen von Nähen bis Sticken wieder aufleben. So kann man gemeinsam die Zukunft gestalten – und dabei neue Wege gehen.

Damit Sie an den upgecycelten Stücken besonders lange Freude haben, kommt es auf die richtige Pflege an: Drehen Sie empfindliche Teile vor dem Waschen auf links. Noch besser: Verwenden Sie Wäschebeutel, um Fussel- und Knötchenbildung zu vermeiden.


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